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Ein Myokardinfarkt vom Typ 2 ist eine Entstehungsform des Herzinfarkts. Der Herzinfarkt Typ 2 ist durch einen Sauerstoffmangel im Herzmuskelgewebe bedingt, der unabhängig von einer Arteriosklerose mit Blutgerinnselbildung in den Herzkranzarterien eintritt. Um Typ 1 handelt es sich hingegen, wenn es aufgrund einer durch Arteriosklerose und Blutgerinnsel verstopften Herzkranzarterie zu einem Herzinfarkt kommt. Der Typ 1 ist zugleich der häufigste Typ von Herzinfarkt, er macht über 95 Prozent der Fälle aus. Neben den Herzinfarkttypen 1 und 2 gibt es die Typen 3 bis 5, die noch andere Zusammenhänge haben.
Welche Ursachen hat ein Myokardinfarkt Typ 2?
Ein Herzinfarkt (Myokardinfarkt) entsteht, wenn ein Bereich des Herzens mit zu wenig Sauerstoff versorgt wird. Beim „klassischen“ Herzinfarkt vom Typ 1 passiert dies, wenn ein Blutgerinnsel ein Herzkranzgefäß stark einengt oder verschließt. Der Grund ist hier eine Arteriosklerose, bei der eine Veränderung (Plaque) in der Wand der Arterie aufreißt und sich ein Blutgerinnsel ansammelt. Die Blutversorgung wird unterbrochen, weshalb der Herzmuskel nicht genügend Sauerstoff erhält und im betroffenen Bereich abstirbt.
Der Herzinfarkt vom Typ 2 hat jedoch andere Ursachen. Unter den Herzinfarkt Typ 2 fallen unterschiedliche Geschehnisse oder Mechanismen, bei denen die Sauerstoffzufuhr zum Herzmuskel geringer als der Sauerstoffbedarf ist. Ihnen ist gemeinsam, dass sie nicht durch die Bildung eines Blutgerinnsels aufgrund einer Arteriosklerose der Herzkranzarterien verursacht sind. Zu den Ursachen des Myokardinfarkts Typ 2 gehören:
- Gefäßkrampf von Herzkranzarterien (Koronarspasmus, zum Beispiel bei der sogenannten Prinzmetal-Angina), der minutenlang andauern kann und die Blutzufuhr zum Herzmuskel verschlechtert
- Mangel an Stickstoffmonoxid (NO) im Gefäß, der zu Funktionsstörungen der Gefäßinnenwand führt (endotheliale Dysfunktion) – unter anderem kann sich das Herzkranzgefäß zusammenziehen
- starke Einengung der Herzkranzarterie durch Arteriosklerose (stabile Atherosklerose), die die Blutzufuhr einschränkt, ohne dass sich ein Blutgerinnsel absetzt
- ein von anderer Stelle in eine Herzkranzarterie eingeschwemmtes Blutgerinnsel (Koronar-Embolie) – zum Beispiel können sich bei einem Vorhofflimmern solche Gerinnsel im linken Herzvorhof bilden und mit dem Blutstrom in ein Herzkranzgefäß gelangen
- Einriss der Gefäßwand der Koronararterie (Dissektion)
- Gefäßentzündung(Vaskulitis)
- schwere Veränderung der Herzklappe zwischen linker Herzkammer und Hauptschlagader (Aortenklappe)
- Anämie (Blutarmut) – zu wenig Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) ist vorhanden, das für den Sauerstofftransport notwendig ist, dies kann zum Beispiel bei Eisenmangel oder bei einem Blutverlust auftreten
- zu niedriger Blutdruck (arterielle Hypotonie)
- Sauerstoffmangel des Blutes (Hypoxämie) – das Blut nimmt über die Lungen zu wenig Sauerstoff auf
- Herzrhythmusstörungen mit zu langsamem Herzschlag (Bradykardie)
- Herzrhythmusstörungen mit zu schnellem Herzschlag (Tachykardie) – das Herz verbraucht mehr Sauerstoff, als dort ankommt
- starker Anstieg des Blutdrucks (hypertensive Krise)
- Verdickung des Herzmuskels (hypertrophe Kardiomyopathie)
- Sepsis (Ausbreitung einer meist bakteriellen Entzündung über das Blut, sogenannte Blutvergiftung)
- Schock (Kreislaufversagen), unter anderem bei Verlust an Blutvolumen
Unabhängig von einem Herzinfarkt Typ 2 kann gleichzeitig eine koronare Herzkrankheit (KHK) bestehen. Die koronare Herzkrankheit ist eine Erkrankung, bei der aufgrund einer Arteriosklerose die Herzkranzgefäße eingeengt sind.
Bei wem kann ein Herzinfarkt (Myokardinfarkt) des Typs 2 auftreten?
Weil die Ursachen des Herzinfarkts Typ 2 vielfältig sind, bilden die Betroffenen eine dementsprechend uneinheitliche Gruppe. Im Vergleich zum Typ-1-Herzinfarkt haben durchschnittlich mehr Frauen und mehr ältere Menschen einen Typ-2-Infarkt. Oft liegen beim Typ 2 mehr Begleiterkrankungen als beim Typ 1 vor, beispielsweise Diabetes mellitus, Vorhofflimmern, Blutarmut (Anämie), Nierenfunktionsstörung oder Krebserkrankungen. Betroffene mit Herzinfarkt Typ 2 hatten außerdem vorher vermehrt eine bestimmte Form von Herzbeschwerden (NSTE-ACS). Seltener als beim Typ 1 treten bei ihnen aber eine verschlechterte Pumpfunktion der linken Herzkammer oder Veränderungen der Herzkranzarterien auf. Verallgemeinern lässt sich dies alles aber nicht, da der Infarkt die verschiedensten Personen treffen kann.
Woran erkennt man einen Herzinfarkt Typ 2?
Die Symptome bei einem Myokardinfarkt Typ 2 sind von Beschwerden, die bei anderen Herzinfarkten auftreten, im Wesentlichen nicht zu unterscheiden. Man spricht auch von einem akuten Koronarsyndrom (ACS), wenn noch nicht klar ist, ob es sich tatsächlich um einen Herzinfarkt handelt. Typische Anzeichen eines Herzinfarkts sind:
- Schmerzen und Verengungsgefühl im Brustkorb (Angina Pectoris)
- ausstrahlende Schmerzen, beispielsweise in den linken Arm, die Halsgegend oder den Oberbauch
- starke Angst, Unruhe
- Atemnot
- blasse Haut
- Übelkeit und Erbrechen
Insbesondere ein Herzinfarkt bei Frauen geht häufig ohne Brustschmerzen und nur mit undeutlichen Beschwerden wie Übelkeit oder Atemnot einher.
Symptome eines Herzinfarkts sind ein Anlass, umgehend den Notruf zu tätigen (112 europaweit) und gegebenenfalls Erste Hilfe zu leisten.
Lesen Sie hier: Wie leistet man Erste Hilfe bei einem Herzinfarkt?
Der Arzt kann einen Herzinfarkt in den meisten Fällen mit einem EKG (Elektrokardiogramm) feststellen. Ebenso wichtig zur Beurteilung ist eine Blutuntersuchung: Biomarker wie Troponin oder CK-MB sind ausschlaggebend. Die Beschwerden mit starken, anhaltenden Brustschmerzen werden in die Diagnose mit einbezogen.
Als zusätzliche Untersuchung kann ein Ultraschall des Herzens aufschlussreich sein (Echokardiografie). Weiterführende Untersuchungen können sich später anschließen, je nach den Befunden können sie auch zeitnah erforderlich sein.
Wie wird ein Myokardinfarkt Typ 2 behandelt?
Der EKG-Befund entscheidet das weitere Vorgehen. Entscheidend ist, ob sich eine sogenannte ST-Hebung in der EKG-Kurve zeigt (STEMI) oder nicht (NSTEMI). Bei einer ST-Hebung muss sofort eine Koronarangiografie (Herzkatheteruntersuchung) durchgeführt werden. Ohne ST-Hebung kann sie in den nächsten Stunden bis drei Tagen erforderlich sein, bei schweren Symptomen oder Risikofaktoren jedoch ebenfalls sofort. Über den Herzkatheter können Behandlungsmaßnahmen vorgenommen werden (PCI). Dazu gehört die Aufdehnung eines erkrankten Gefäßes (Ballondilatation) und Einsetzen einer inneren Gefäßstütze (Stent). In vielen Fällen des Myokardinfarkts vom Typ 2 ist das jedoch nicht erforderlich oder sinnvoll, da andere Ursachen als eine Verengung der Koronararterie vorliegen. In der Gesamtheit der Typ-2-Herzinfarkte werden prozentual weniger Herzkatheter-Eingriffe und Herzkatheteruntersuchungen (Koronarangiografien) vorgenommen als bei Infarkten vom Typ 1.
Je nach Befund kann der Versuch, mit Medikamenten ein Blutgerinnsel aufzulösen (Lyse-Therapie), angebracht sein. Auch diese Maßnahme wird im Durchschnitt beim Herzinfarkt Typ 2 seltener durchgeführt als beim Typ 1. Gleiches gilt für die Gabe verschiedener herzschützender Medikamente wie Acetylsalicylsäure (ASS), Clopidogrel, Beta-Blocker oder Statine (Cholesterinsenker). Andere Mittel wie Entwässerungsmedikamente (Diuretika) und orale Antikoagulanzien (bestimmte Gerinnungshemmer) kommen hingegen häufiger zum Einsatz.
Die weiteren akuten und im Verlauf stattfindenden Behandlungsmaßnahmen richten sich nach der Ursache des Herzinfarkts und den Begleitkrankheiten. Dies lässt sich aufgrund der Vielfalt der möglichen Ursachen nicht verallgemeinern. In Abhängigkeit von den Untersuchungsbefunden und den Symptomen können beispielsweise Sauerstoffgabe, Beatmung, Bluttransfusionen, eine Blutdrucksenkung, Kreislauf-Unterstützungssysteme (Pumpen, die die Herzfunktion ersetzen) oder die Wiederherstellung eines normalen Herzrhythmus angebracht sein. In einzelnen Fällen kann eine notfallmäßige Bypass-Operation erforderlich werden.
Wie ist die Prognose eines Myokardinfarkts Typ 2?
Für Betroffene mit einem Herzinfarkt Typ 2 ist das Risiko, innerhalb des anschließenden Jahres zu versterben, höher als nach einem Typ-1-Infarkt. Dies liegt aber im Wesentlichen am durchschnittlich höheren Lebensalter und an gleichzeitig vorliegenden anderen Risikoerkrankungen. Werden diese Faktoren aus dem Vergleich herausgerechnet, ergibt sich keine höhere Sterberate beim Typ 2.